Danke, Danke, Danke

Mein Jahr 2021: Ein Buchprojekt, mein Podcast, eigene Zeitungsartikel, Moderationen und trotz Corona sehr bewegende Begegnungen. Mein Jahresrückblick ist vor allem von einem geprägt: Von Dankbarkeit.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich an meinem neuen Arbeitsplatz. Wir sind umgezogen. In einem hellen, großen Wohnzimmer mit Küche habe ich eine eigene Ecke: Mein Schreibtisch, mein Visionboard dahinter, gleich zwei Fenster links und rechts, eine Fensterbank mit Pflanzen. So viel Licht, so viel Inspiration, so viel Klarheit. Mein Visionboard ist noch nicht wieder bestückt. Nur die Jakobsmuschel und eine Karte hängen daran. „Danke“ steht auf der Karte. Dieses Wort steht wie kein anderes für mein Jahr 2021. Ich bin in diesem Jahr ein paar große Schritte gegangen und ich bin sehr dankbar dafür.

Ich habe mich selbstständig gemacht und wirklich angefangen, mein Buch zu schreiben. Mein Podcast „@frauhoegemann schreibt ein Buch“ hat schon 27 Folgen, seit 27 Wochen erzähle ich, wie ich mit meinem Buch vorankomme. Vor einem halben Jahr hätte ich gedacht, ich sei Ende des Jahres mit dem Buch fertig. Da habe ich mich geirrt. Ich durfte viel lernen in diesem Jahr. Dazu gehört auch, dass ein Buch Zeit braucht.

Ich mache einen Podcast für Frauen, die ihre Geschichte erzählen wollen. Foto: Unsplash.com/Melanie Pongratz

Zwei Folgen meines Podcasts sind Interview-Specials. Ich bin sehr dankbar für die Begegnungen mit Susanne Pahler und Josephine Links, die über ihre Erfahrungen als Autorinnen berichtet haben. Meine größte Motivation für meinen Podcast sind die Frauen, die diesen Weg mit mir gehen. Es sind Frauen, die mir zum Beispiel eine eMail schreiben und Frauen, die sich in meiner Facebook-Gruppe „Frauen, die Sachbücher schreiben“ austauschen. Das Feedback zu bekommen, dass mein Weg diese Frauen inspiriert, auch ihre Geschichte zu erzählen, macht mich sehr glücklich.

Dankbar sein ist nicht immer einfach. Corona beherrscht immer noch unseren Alltag. Ich stand stundenlang an, um meine Booster-Impfung zu bekommen. Ich bin sehr dankbar, dass endlich eines meiner Kinder eine Impfung bekommen hat. Ich bin auch traurig, dass es normal ist, so wenig Kontakte zu haben. Wenn meine einjährige Tochter sich zum Spaß eine Maske aufsetzt, weil es für sie völlig normal ist, muss ich lachen. Und gleichzeitig bin ich traurig. Ich kämpfe jeden Tag mit der Angst um meine Liebsten, um unsere Gesundheit. Ich bin manchmal verzweifelt, wenn ich an die guten Freundinnen und Freunde denke, die nicht mehr in meinem Leben sind, weil sie sich auf die Seite derer gestellt haben, die sich von unserer Gesellschaft abgespaltet haben, Verschwörungserzählungen glauben und sich einfach nicht impfen lassen. Und dann versuche ich, den Fokus auf die guten Dinge zu legen. Ich schaue mir an, was ich erreicht habe, was mir Freude bereitet hat. Ich denke darüber nach, welche wunderbaren Menschen in mein Leben getreten sind. Ein Highlight im Jahr 2021 war auf jeden Fall mein erster Auftritt in einem anderen Podcast. Mazze Theo hat mir genau die Fragen gestellt, die ich ihm vorher aufgeschrieben habe. Es war ein sehr tiefes, bewegendes Gespräch, obwohl wir uns gar nicht vorher kannten. Wir haben viel gelacht. Mazze war es, der mir klarmachte: Dankbarkeit fühlt man nicht einfach so. Es ist eine bewusste Entscheidung, dankbar zu sein. Genau das versuche ich jeden Tag.

Tagesspiegel, Berliner Zeitung, evangelischer Pressedienst – für sie schrieb ich über Themen, die mir wichtig sind.

Ganz besonders war es, meine ersten Artikel in der Zeitung zu lesen. Jahrelang stand mein Name in der Zeitung, wenn ich für eine Behörde oder Organisation gesprochen habe. Jetzt standen meine eigenen Wörter in der Zeitung. Ich habe über Themen geschrieben, die mir wichtig sind. Ich habe darübergeschrieben, wie es ist, Freundinnen zu verlieren, die sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen. Ich habe über obdachlose Frauen in Berlin und Corona in der Grundschule geschrieben. Ich durfte die Geschichte von Susannes ungewollter Kinderlosigkeit erzählen. Darum geht es mir bei meiner Arbeit: Ich erzähle die Geschichten von Frauen, die anderen Frauen helfen, sie inspirieren, die erzählt werden sollten.

Sehr bewegend waren auch die Gespräche mit Müttern, die mir von ihren traumatischen Geburten erzählt haben. Am 25. November habe ich wieder eine Rose in der Klinik niedergelegt, in der ich bei der Geburt meiner ersten Tochter Gewalt erlebt habe, ich habe ein Feature über das wichtige Thema geschrieben und viele der Frauen werden in meinem Buch einen Platz bekommen. Die Offenheit und das Vertrauen der Frauen haben mich nachhaltig beeindruckt. Auch diese Begegnungen lassen mich dankbar auf 2021 zurückschauen.

Bevor sich im Herbst die Coronalage wieder zuspitzte, habe ich verschiedenen Veranstaltungen moderiert. Für die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz moderierte ich eine Podiumsdiskussion über Gesundheits- und Pflegepolitik. Für die Diakonie Deutschland moderierte ich ein digitales Symposium zur Zukunft des Sozialen.

Die Bundestagswahl im Herbst war für mich ein wichtiges Ereignis. Wer mich kennt, weiß: Ich bin überzeugte Demokratin. Ich meine das in dem Sinne, dass ich Wahlen liebe. Ich feiere das richtig. Dass jede und jeder eine Stimme hat und damit entscheidet, in welche Richtung sich unser Land entwickelt, ist doch famos. Ich habe meiner großen Tochter versucht zu erklären, wie besonders es ist, dass wir jetzt eine Außenministerin haben, die so alt ist wie ich und auch zwei Töchter hat. Oder, dass unsere Innenministerin ein Kind hat, das genauso alt ist wie meine Tochter, und vor allem gegen die Nazis vorgehen will. Ich habe versucht, ihr zu erklären, wie toll das alles ist. Wie anders. Wie besonders. Meine Tochter hat das nicht verstanden. Für sie ist das ganz normal. In dem Moment habe ich realisiert, dass wir das mit der Erziehung ganz richtig gemacht haben. Und vielleicht ist unsere Gesellschaft ja in ein paar Jahren oder Jahrzehnten soweit, dass sie wirklich gleichberechtigt ist und meine Tochter alles erreichen kann, was sie will. Dass sie vielleicht nicht mehr im Beruf diskriminiert wird, weil sie Mutter ist. Vielleicht bekommt sie auch gar keine Kinder und niemanden stört es. All das wünsche ich mir für sie. Dass jetzt der Paragraph 219a abgeschafft wird und Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeit bekommen, offen über Abtreibung zu informieren, ist für mich ein erster Schritt hin zu der freien Gesellschaft, in der ich leben möchte.

Und so blicke ich voller Freude, Zuversicht und Hoffnung auf das Jahr 2022. Es wird noch besser werden. Danke, Danke, Danke an all die Menschen, denen ich in 2021 begegnen durfte, die ihre Geschichte mit mir geteilt haben und mich auf meinem Weg begleiten.

Autorin
Lena Högemann
Autorin, Podcasterin und Journalistin in Berlin, online und da, wo Aufträge sie hinführen. Lena freut sich, dass du da bist und mehr über sie und ihre Arbeit erfahren möchtest.